Im Bereich des digitalen Marketings trifft man immer häufiger auf den Begriff der Data Management Platform. Was sich dahinter verbirgt, möchte ich hier genauer erläutern.
Haben Sie sich schon mal gefragt wieso die Werbebanner auf der Website Ihrer Lieblingzeitung schon wieder genau die roten Laufschuhe anzeigen, die Sie sich letzte Woche im Online Shop des Sporthauses angesehen haben. Diese personalisierte Werbung kann ja schon manchmal ein mulmiges Gefühl erzeugen.
Wir befinden uns hier im digitalen Werbemarkt, auch Digital Advertising genannt, genauer gesagt in der Marketing Automatisierung bzw. im Programmatic Advertising. Wenn man ein bisschen tiefer in diese Welt eintaucht, stößt man schnell auf den Begriff der Data Management Platform, auch DMP genannt. Doch was ist eigentlich so eine DMP, was kann sie und wie funktioniert sie?
Was ist eine Data Management Platform?
Schöne Definitionen was eine DMP ist, gibt es bspw. bei IT-Wissen oder e-dialog. Ich versuche es trotzdem mal in meinen blumigen, eigenen Worten:
Eine Data Management Platform ist eine zentrale Softwareplattform, die das Nutzerverhalten von Besuchern verschiedenster digitaler Medien wie Websites, mobiler Apps oder Werbebannern sammelt und für weitere Marketingmaßnahmen wiederverwertbar macht.
„Wiederverwertbar“ ist hier das entscheidende Wort, denn anders als bei handelsüblichen Web-Analyse Tools wie Google Analytics, werden die Daten nicht nur gesammelt und für Analysen bereitgestellt, sondern können direkt wiederverwendet werden. So können Sie bspw. nicht nur sehen, dass sich letzten Monat 500 Leute aus Oberbayern beinahe die roten Schuhe in ihrem Online Shop gekauft hätten, den Kauf aber leider nach dem Warenkorb abgebrochen haben, sondern Sie können die Profile genau dieser 500 Leute nehmen und sie bspw. an Facebook übertragen um ihnen dort über das Facebook Advertising Netzwerk eben diese roten Schuhe nochmals anzubieten.
Ich muss zugeben, dass ich selbst ziemlich gut auf diese Art des Re-Targetings anspreche. Ich habe mir zwar inzwischen schon ein Paar neue Sneaker gekauft, allerdings denke ich mir jedes Mal wenn ich wieder die Anzeigen sehe: „Oh, die sind aber auch hübsch! Vielleicht brauche ich noch ein Paar…“.
Hier noch ein kleines Video (Englisch), in welchem sehr schön und schnell erklärt wird, was eine DMP ist:
Wozu brauche ich eine Data Management Platform?
Ein Großteil der Menschen ist heutzutage immer und überall auf verschiedensten Geräten und Kanälen erreichbar und tritt über diese Kanäle mit Ihrem Unternehmen in Kontakt, sei es durch eine Web Suche, über eine App oder über ein soziales Netzwerk à la Facebook.
Für Firmen ist es daher extrem wichtig Werbebotschaften konsistent über alle Kanäle der richtigen Zielgruppe zur richtigen Zeit und im richtigen Kontext anzubieten. Im datengetriebenen Marketing, ist der richtige Kontext so wichtig wie noch nie, denn oft reagieren Kunden verärgert über Angebote die sie als nicht relevant erachten.
Eine DMP kann Ihrem Unternehmen dabei helfen, den richtigen (potenziellen) Kunden die richtigen Angebote zu machen um zu vermeiden, dass Sie ihnen bspw. Produkte anbieten, die sie bereits besitzen. Sie können also Informationen aus verschiedensten Datensilos wie Ihrem CRM oder der Kaufhistorie Ihres Online Shops mit real-time Daten von Werbebannern oder Website-Views zusammenbringen um passgenaue, dynamische Segmente zu bilden. Bei DMPs spricht man bei der Segmentierung auch oft von Audiences.
Mit diesem individualisiertem Marketing können Marketiers die Loyalität ihrer Kunden fördern und den Customer Lifetime Value erhöhen. Das Engagement Ihrer Kunden kann deutlich gesteigert werden, wenn Sie für eine runde Customer Journey und eine relevante User Experience sorgen.
https://youtu.be/HMKM5m5mntU
Viele Unternehmen sind von den riesigen Datenmengen die Ihre Nutzer produzieren überfordert. Um heutzutage im digitalen Marketing mithalten zu können, muss man fähig sein, die wachsende Datenmengen zu bewältigen, um darauf basierend umfassende Einblicke in die Vorlieben und Bedürfnisse der Kunden zu gewinnen. Auf Basis dessen kann man dann Marketing-Kampagnen aufbauen, um Umsätze zu steigern und Streuverluste zu reduzieren. Genau hier setzen die DMPs an.
Entscheidend ist auch zu wissen, dass DMPs die Welt der digitalen Werbung (digital Advertising) mit der Welt des digitalen Marketings (Blogs, Newsletter, etc.) miteinander verschmelzen können.
Funktionsumfang einer Data Management Platform
Im Großen und Ganzen lässt sich der Funktionsumfang einer DMP auf folgende Dinge reduzieren:
- Tag Management: Erstellung und Verwaltung der Tracking-Codes die das Datensammeln übernehmen sollen
- Daten Sammlung: auch Data Ingestion, Data Collection, Intake oder Datenaufnahme genannt
- Daten Verarbeitung, Klassifizierung und Normalisierung, Data Mining, Data Enrichment, Attribution, Profilierung, Datenanreicherung
- Datenspeicherung: Data Storage
- Datenanalyse: Audience Analyse, Kampagnenanalyse, Insights, Predictive, Ad-hoc, Forecasting, Inventory discovery, customer journey analysis
- Segmentierung: Bildung von Zielgruppen/Audiences, Scoring
- Lookalike Modelling: Bildung von Segmenten aus Leuten die ähnliche Profile aufweisen wie die bestehender Segmente/Audiences
- Medienintegration: Datenintegration, Data Syndication, Wiederverwendung, Mehrfachverbreitung, Datentransfer, Anbindung an Drittsysteme
- Automatisierung von Prozessen: Rule based automation
Wenn man das Ganze als Prozess betrachten möchte, würde dieser so aussehen:
- Relevante Kanäle anschließen
- Daten sammeln
- Audiences bilden (Segmentierung)
- Audiences an Drittsysteme übertragen (Werbenetzwerke, soziale Medien, E-Mail Kampagnen, etc.)
- Monitoring der Performance (Verarbeitung der Responses)
- Optimierung der Audiences
Weitere Begriffe und Beteiligte im DMP-Ökosystem
Supply-Side Platform (SSP)
Eine Supply-Side Platform, auch Sell-Side Platform (SSP) genannt, ist ein System für den Verkauf von Werbeplätzen. Die SSP erlaubt es einem Publisher, sein Inventar (z.B. Werbeplätze auf Websites) für ihn möglichst gewinnbringend AdExchanges und Werbetreibenden anzubieten. Die SSP sendet dabei in Echtzeit beim Aufruf der Website die Informationen über den jeweiligen Werbeplatz zusammen mit dem Nutzerprofil an Demand-Side Platformen (DSP) und Werbenetzerke. Diese können dann innerhalb von Milisekunden ein Gebot für die Befüllung des Werbeplatzes abgeben.
Demand-Side Platform (DSP)
Demand-Side Plattformen helfen Werbetreibenden den richtigen Werbeplatz für ihre Zielgruppe zu finden. Eine DSP ist sozusagen die zentrale Plattform für den Einkauf von Werbeinventar. Dort können anbieterübergreifend Display-Werbeplätzen in Echtzeit über verschiedene Angebots-Kanäle (Ad Networks, Ad Exchanges und SSPs) zu vorher festgelegten Preisen eingekauft werden.
DMPs ermöglichen ein besseres Tracking als mit DSPs alleine und ermöglichen zielgruppenspezifischere Nachrichten und eine größere Effektivität über alle Kanäle. DMPs können zugleich als Käufer- und Verkäuferplattformen genutzt werden um Zielgruppen- und Kampagnendaten besser zu nutzen.
DMP als Marktplatz
Manche Data Management Plattformen können auch wie Marktplätze verwendet werden, auf denen die selbst gesammelten Daten mit Daten anderer Partner angereichert werden können.
First-Party Data
Eigene Daten, die selbst in direktem Kontakt mit dem Kunden vom Unternehmen/Werbetreibenden oder vom Publisher erhoben wurden, z.B. aus eigenen Websites, Apps oder dem CRM, etc. Auf Seite des Werbetreibenden können First-Party Daten bspw. E-Mail Adressen, die Kaufhistorie oder das Browsingverhalten der Kunden sein. Auf Seite des Publishers geht es meist eher um die Interessengebiete des Besuchers, z.B. ob er sich oft in der Rubrik Sport oder Wirtschaft bewegt.
Second-Party Data
Nicht selbst gesammelte Daten von Partnern, die diese Daten mit ihrem Unternehmen teilen.
Third-Party Data
Daten aus weiteren, externen Quellen, die nicht in direktem Kontakt zu dem Kunden stehen.
Typische Integrationen von Data Management Platforms
Die Stärke einer DMP zeigt sich unter anderem durch die verfügbaren Schnittstellen zu Drittsystemen. Grundsätzlich kann man hier zwischen Inbound und Outbound Kanälen unterscheiden:
Inbound
- Web Analytics
- E-Mail Datenbank
- Suchdaten
- Ad Server
- Offline CRM
Outbound
- CMS
- E-Mail Kampagnen
- Display Programme
- Search Management Tool
- Video
- Mobile, SDK
- Social
- Smart TV
- POS
- API
DMPs sitzen im Zentrum der Marketing Clouds. Sie schließen die Lücke zwischen Ad Tech und Marketing Tech. Die Volle Power einer Digitalen Marketing Cloud kann nur durch die Kombination von Advertising Daten und Marketing Automatisierung genutzt werden. Einige Anbieter wie Pegasystems bieten inzwischen bereits komplett integrierte Plattformen an, bei denen die Komplettlösung aus einer Hand kommt.
Was unterscheidet eine Data Management Platform von einem Datawarehouse?
Der Gedanke große Datenmengen aus verschiedenen Quellen in einem mächtigen System zu sammeln und für Analysen verfügbar zu machen, ist nicht neu. Schon seit Jahrzehnten gibt es dafür Enterprise Datawarehouses. Das sind allerdings extrem komplexe und extrem teure Systeme, die in meist jahrelanger Arbeit von Spezialisten aus großen Softwarekonzernen wie SAP, Oracle, IBM oder Teradata eingerichtet werden. Solche Systeme können sich in der Regel auch nur ziemlich große Unternehmen leisten.
Genau hier kommen Data Management Plattformen (DMP) ins Spiel. Diese relativ neue Art von Software wird gerade im Marketingumfeld und insbesondere im Bereich des Digital Advertising heiß diskutiert. Die offiziell Unified Data Management Platform (UDMP) genannten Systeme vereinen mehrere neue Konzepte und Technologien um auf einfache und schnelle Weise ähnliche Ziele zu erreichen wie mit einem Datawarehouse, nämlich einen 360° Blick auf den Kunden.
Technisch gesehen unterscheiden sich DMPs auch erheblich von Datawarehouses. Wo Datawarehouses eher auf physische in-house Server mit traditionellen, relationalen Datenbanken setzen, kommen bei DMPs modernere NoSQL und Big Data Datenbanken zum Einsatz, die in einer SaaS Umgebung betrieben werden und Datenstreams in Echtzeit verarbeiten können.
Eine DMP muss nicht unbedingt eine Konkurrenz für eine Datawarehouse sein. Wenn man das Ganze zeitlich betrachtet, ist ein Datawarehouse eher für die langfristige Speicherung von Informationen wie Kundenprofilen oder der Bestellhistorie verantwortlich, wohingegen die DMP eher auf kurzfristig relevante Informationen ausgelegt ist, die jetzt im Moment relevant sind, aber vielleicht schon einen Monat später niemanden mehr interessieren.
Was für Daten trackt eine DMP?
Prinzipiell gibt es keine Einschränkungen dabei was die DMP an ihren Betreiber übermittelt. Es hängt immer davon ab, was man für Daten sammeln möchte und wie man das System konfiguriert. Ob das mit dem jeweiligen Datenschutzrecht des Landes konform ist, muss jeder Anbieter bzw. Nutzer einer Data Management Platform selbst klären.
Standardmäßig werden solche Daten übermittelt wie die IP-Adresse des Besuchers, sein geografischer Ort, welche Seite er sich angesehen hat, auf welchem Gerät und mit welchem Browser er unterwegs war etc.
Die Standarddaten können natürlich um beliebige weitere Informationen angereichert werden, z.B. welches Produkt sich jemand angesehen hat, wie lange er auf der Seite war, ob er ein Formular ausgefüllt hat, wie weit er nach unten gescrollt hat, etc.
Wie sammelt die DMP Daten?
Der Prozess ist eigentlich gar nicht so kompliziert wie man meinen könnte. Genau wie bei einem Web Analyse Tool à la Google Analytics oder eTracker wird ein kleiner JavaScript Code Schnipsel in den Quellcode des Mediums integriert, der nun bei jedem definierten Ereignis die gewünschten Daten an die DMP sendet.
So sieht bspw. der Tracking-Code der DMP von Mapp Digital aus:
<script type="text/javascript">(function(e){var t=document,n=t.createElement("script");n.async=!0,n.defer=!0,n.src=e,t.getElementsByTagName("head")[0].appendChild(n)})("//c.flx1.com/127-16234.js?id=16234&m=127")</script>
Den Tracking-Code kann man sich ganz einfach mit den Webdeveloper-Tools jedes gängigen Browsers auf der jeweiligen Website ansehen. Im Netzwerk Tab des Chrome Browsers sieht man sehr schön, wie die DMP regelmäßig beim Scrollen der Website Infos sendet.
Zudem wird natürlich auch noch ein Cookie gesetzt, damit die DMP einen wiederkehrenden Besucher einer Website wiedererkennen kann.
Data Management Platforms bedienen sich allerdings auch der Methode des Canvas Fingerprintings um Besucher auf verschiedenen Kanälen wiederzuerkennen. Mithilfe dieser Methode kann ein Besucher auch über mehrere Blogs, Online Shops, Werbebanner oder Soziale Medien wiedererkannt werden. Hierbei sind nicht mal Cookies nötig.
Wenn das alles nichts hilft, kann auch noch der Aufenthaltsort des Users ermittelt werden, je nachdem über den Browser, oder über ein mobiles Gerät. Komplexe Algorithmen schätzen dann dass es sich um ein und denselben User handelt, wenn er sich immer am selben Ort aufhält. So kann man User auch über verschiedene Geräte hinweg tracken.
Die komfortabelste Lösung für jeden Anbieter ist natürlich wenn Sie ganz einfach mit Ihrem Useraccount im jeweiligen System des Anbieters eingeloggt sind. Dann kann man sich die ganze Arbeit sparen, weil man ja schon weiß wer Sie sind. Sobald Sie sich mit Ihrer E-Mail Adresse oder Ihres Nutzerkontos authentifiziert haben, sind Sie nicht länger ein anonymer User und können theoretisch auch auf weiteren Kanälen wie bspw. per E-Mail kontaktiert werden.
Denn wenn Sie sich nicht authentifiziert haben, sind Sie für das System anonym. Das heißt es wird nur eine ID für Sie angelegt, die aber nicht mit Ihrem Namen oder sonstigen, persönlichen Informationen von Ihnen verbunden ist.
Welche Technologien stecken hinter einer Data Management Platform?
Wenn man einer DMP unter die Haube schaut, entdeckt man eine ganze Menge an modernsten Technologien und Rechenpower die nötig sind um diese riesigen Datenmengen innerhalb von kürzester Zeit zu verarbeiten.
Das ist auch der Grund dafür, warum DMPs meist aus einer Cloud – also einfach ausgedrückt – aus einem Rechenzentrum betrieben werden. So kann die Last dynamisch auf viele Server verteilt werden.
Je nachdem ob die DMP Daten aus verschiedenen Teilen der Erde erfassen muss, können auch Server in unterschiedlichen geografischen Zonen von Cloudanbietern wie AWS für das Datensammeln genutzt werden.
Da eine DMP in der Regel enorm viele Daten in sehr kurzer Zeit verarbeiten muss, kommen hier Technologien wie Apache Storm zum Einsatz. Apache Storm kann riesige Datenstreams in Echtzeit verarbeiten.
Die aktuelle Last wird in der Regel über Loadbalancer auf mehrere virtuelle Server verteilt.
Zur dauerhaften Speicherung von Informationen kommen meist NoSQL/Big Data Datenbanken wie Hadoop zum Einsatz.
Implementierung einer DMP
Die Anbieter von DMPs versprechen zwar eine kinderleichte Bedienung und Integration aller Ihrer Kanäle, aber ganz so einfach ist es dann doch meistens nicht. Zwar ist die Implementierung einer DMP von der Komplexität her nicht mit der Implementierung eines Datawarehouses vergleichbar, dennoch muss einiges an Vorarbeit geleistet werden um einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten.
Ich will hier nicht zu weit ausschweifen, aber machen Sie sich doch einfach mal Gedanken über folgende Fragen:
- Welche Kanäle haben wir aktuell im Unternehmen?
- Welche Tools und Kanäle sollen angebunden werden?
- Lassen diese sich mit der DMP verbinden?
- Gibt es Standardschnittstellen, die wir nutzen können?
- Welche Daten will ich sammeln? Sind meine Kunden damit einverstanden? Was lasse ich lieber weg?
- Wer ist im Unternehmen für die DMP verantwortlich?
- Wer wird die DMP bedienen?
- Welche Abteilungen können noch profitieren und müssen eingebunden werden?
- Wer muss geschult werden?
Der volle Wert kann nur genutzt werden, wenn alle Abteilungen und Systeme von Marketing und Vertrieb bis hin zu POS eingebunden werden und ihren Beitrag leisten.
Liste von DMP-Anbietern
Zu guter letzt möchte ich hier noch eine kleine Liste von DMP Anbietern bereitstellen. Die Liste ist nicht vollständig und relativ willkürlich zusammengestellt.